Auf den Spuren des Schiffers Jakob Klormann

Was den Schiffer Jakob Klormann im Jahr 1864 angetrieben hat, wird jetzt möglich. Aber was hat die Renovierung und Neugestaltung der Gutleuthofkapelle mit Jakob Klormann zu tun?

Versetzen wir uns ins Schlierbach im Jahre 1864. 3 Jahre zuvor wurde die Neckartalbahn in Betrieb genommen, deren Bau die Gutleuthofkapelle vom alten Schlierbacher Friedhof getrennt hat. Sie hat ihre Funktion als Friedhofskapelle verloren. Mit der Westfassade verbunden stand noch der Gutleuthof, einst Wohnhaus der Leprakranken. Zu dieser Zeit befand sich im Hofgebäude die Gaststätte „zur Alpenrose“, ehe 1880 das Hofgebäude abgebrannt ist.

Im Adressbuch der Stadt Heidelberg aus dem Jahr 1854 werden für Schlierbach 101 Häuser gelistet. In einem davon gegenüber der Adlerüberfahrt hat er gewohnt. Rainer Klormann hat mich informiert, dass es sich dabei nicht um seinen Großvater Jakob Klormann handelt, der 1888 den TV Schlierbach mitgegründet hatte. Mit dem „Schorschel“, wie er den Schiffer nannte, besteht keine Verwandtschaft.

Jakob Klormann lag das geistliche Leben sehr am Herzen. In der von ihm verfassten Eingabe an das erzbischöfliche Pfarramt schildert er, dass „früher“ in der Kapelle einige Male in der Woche Gottesdienst gefeiert wurde, später nur noch an Kirchweih und seit 20 Jahren gar nicht mehr. In zu Herzen gehenden Worten formuliert er den Wunsch der älteren und gebrechlichen Bewohner, der Geschäftsleute, auch in der Sorge um die Jugend, dass es wieder möglich sein möge, dem hl. Messopfer beizuwohnen. Würden wir es heute mit dem Bedürfnis beschreiben, vor Ort und in Gemeinschaft spirituelle Erfahrungen machen zu können?

Angeführt von Jakob Klormann unterschreiben im Februar 1864 64 Schlierbacher:innen die Petition, die mit den Worten schließt: „Wir sind also alle mit festem Vertrauen der freudigen Erwartung, dass mit dem Eintritt unseres hochverehrten neuen Seelsorgers unsere Bitte gewährt und vielleicht wenn es möglich ist, mit dem Beginn der österlichen Zeit die Kapelle schon geöffnet wird.“

Die Antwort kommt im Mai aus dem Ordinariat in Freiburg

und klingt ernüchternd. Bei dem baulichen Zustand der Kapelle können wir es nicht gestattet, in dieser Gottesdienst zu feiern und dass „wir es den katholischen Ortseinwohnern überlassen müssen, bei Abgang aller Fonds, die Kapelle daselbst wieder in guten baulichen Stand zu setzen.“ Der „Schorschel“ scheint nicht locker gelassen zu haben. In einem weiteren Antwortschreiben vom 11. Juni klingt es etwas versöhnlicher, dass man nichts dagegen habe, an Wochentagen Gottesdienst zu feiern. Für die örtliche Pfarrgeistlichkeit gebe es aber keine Verpflichtung.

In der Ökumenischen Tradition der gemeinsamen Nutzung und Verantwortung für die Gutleuthofkapelle zwischen der katholischen, lutherischen und reformierten Kirche wendet sich die kath. Gemeinde an den evangelischen Kirchengemeinderath, sich an den Kosten, die sich auf „wohl einige Hundert Gulden belaufen werden“, entsprechend den Besitzverhältnissen zu 2/3 zu beteiligen. Auf die ablehnende Antwort, „dass wir zur Zeit kein Bedürfnis haben, die Gutleuthauskapelle für gottesdienstliche Zwecke in Anspruch zu nehmen und dass darum auch eine Restauration derselben für uns nicht geboten sei“, erfolgt die Anfrage an das Großherzogl. Bauamt mit der „Bitte um Genehmigung einer Collecte bei hiesigen kath. Einwohner zum Behuf der Herstellung der Gutleuthofkapelle zu Schlierbach.“ Diese wird genehmigt mit der Maßgabe, „daß hierdurch einem angesprochen Miteigenthumsrecht der evangelischen Gemeinde an besagter Kapelle nicht präjudiziert ist.“

Damit enden die dokumentierten Bemühungen. 1883 geht die Kapelle in städtischen Besitz über. Nach der Entdeckung der Fresken und deren Freilegung 1941 und einer weiteren Renovierung, findet der erste Gottesdienst in der Kapelle am Vortag von Weihnachten 1950 durch den Abt Albert von Stift Neuburg statt.

Mit den ab Mai 2022 geplanten Renovierungsarbeiten ist auch eine Neugestaltung des Innenraums verbunden, die vielfältige Nutzungsmöglichkeiten bieten wird und es dadurch ermöglicht, auf vielfältige Weise spirituelle Erfahrungen in der Kapelle machen zu können. Im Gegensatz zum Jahr 1864 ist dieses Mal die Finanzierung gesichert. Es bedarf der Schlierbacher Bürger:innen, die Chance zu ergreifen und den spirituellen Raum nach der Neugestaltung zu beleben.